AnDi und seine Gedanken zur Zeit:
Kennt jemand die Wahrheit?
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber mir ist es wichtig, Klarheit zu haben. Ich möchte Zusammenhänge, Ereignisse, Verhaltensweisen verstehen und einordnen können. Ich möchte eine Haltung dazu haben. Ich weiß natürlich, dass ich dann nicht immer die Wahrheit und schon gar nicht die „Wirklichkeit“ kenne. So ein Beispiel sind die Wetterphänomene. Ich habe im Laufe der Zeit verstanden, dass die zunehmenden Wetterveränderungen wie Starkregen und Überschwemmungen keine zufällige Häufung sind, sondern in den letzten Jahrzehnten so zugenommen haben, dass wir von einem Klimawandel ausgehen müssen.
Menschen, die von Hartz IV leben müssen, wird häufig pauschal unterstellt, dass sie betrügen. Tatsächlich verursachen sie durch Hartz-IV-Betrug einen gesamtwirtschaftlichen Schaden von 60 Millionen €/Jahr. Die wohlhabenden Steuerzahler dagegen hinterziehen im gleichen Zeitraum 100 Milliarden Euro an Steuern. Die öffentliche Empörung richtet sich aber eher gegen die Empfänger sozialer Leistungen. Ähnliche Differenzierungen können wir bei einer genaueren Analyse zur Kriminalität von „Ausländern“ herausbekommen.
Solche Erfahrungen werden aber nicht gerne zur Kenntnis genommen, weil sie unsere Vorurteile entlarven, uns verwirren und die gewünschte Klarheit vernebeln. In diesem Zusammenhang finde ich es spannend, was die Wahrnehmungspsychologie nachgewiesen hat: Wir nehmen wahr, was wir kennen und was unserer Einstellung entspricht – also unseren Vorurteilen. Seitdem ich das weiß, erwische ich mich immer wieder dabei, danach zu schauen, was mich bestätigt. Vorurteile sind ja übrigens nur schlimm, wenn du sie nicht korrigierst. Sie lassen sich als Ausgangspunkt für die Meinungsbildung nutzen, um zu neuen Einsichten zu gelangen. Damit kommt man dann zu einer Einstellung mit neuen Aspekten. Wir können nie sicher sein, ob das nicht am Ende wieder nur ein – wenn auch differenzierteres – Vorurteil ist. Übrigens: Wann immer Menschen mein(t)en, sie würden d i e Wahrheit kennen, kam und kommt nichts Gutes dabei heraus. So reduziere ich meinen Wunsch nach Klarheit auf den jetzigen Stand und bleibe neugierig.
Mich beruhigen diese Erfahrungen und lassen mich neugierig und demütig bleiben. Mir hilft aber auch meine christlich geprägte Grundhaltung des Prinzips der Nächstenliebe und des Angenommenseins, so wie ich bin. Da wird man etwas vorsichtiger bei der Verurteilung andersdenkender Menschen, diverser Kulturen und unterschiedlicher Identitäten. Wenn wir nicht gleich verurteilen, sondern unser Augenmerk auf eine Gesellschaft richten, die allen Menschen eine Chance bietet, sich angenommen zu fühlen, sinkt die Kriminalität deutlich schneller als durch Verschärfungen der Gesetze. Die Politik kann eine menschenfreundliche Kultur schützen, schaffen können es nur wir Bürger mit unseren sozialen Kontakten und der sorgfältigen Auswahl derer, die uns in Regierung und Parlamenten vertreten.
Ich kann den Lesern der TrokkenPresse diesmal keine andere Kolumne bieten als genau diese – in einer Situation, in der wir durch Scheinmaßnahmen an den deutschen Grenzen weder für uns noch für Migranten etwas Sinnvolles erreichen und die Nachbarländer auch noch verärgern. Lasst uns nach besonnenen Lösungen suchen, die uns von der humanitären Schamröte im Gesicht wieder befreit,
bittet AnDi