AnDi: Gedanken zur Zeit

AnDi und seine Gedanken zur Zeit:

Die „Querschnittsthemen“ unseres Lebens

Die Zeit eilt voran! Die Klimaziele lassen sich nach den Informationen der Fachleute kaum noch erreichen. Angesichts der schrecklichen Folgen für die Menschheit bin ich immer wieder erstaunt, dass es nicht gelingt, wenigstens eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf den Autobahnen einzuführen, wie es fast in ganz Europa möglich ist. Ich wünsche mir oft ein beherztes Zupacken der Politik. Auf der anderen Seite wundere ich mich immer wieder über meine eigene Oberflächlichkeit. Beispiel:
Als neulich der Wirtschaftsminister mit einer schnellen klimaschonenden Modernisierung der Heizungen in den Haushalten an die Öffentlichkeit trat, war ich begeistert. Innerhalb eines Jahres, so habe ich den Vorschlag verstanden, sollen die Heizungen zu einem hohen Prozentsatz aus erneuerbaren Energien betrieben werden. Endlich mal etwas Handfestes! Einige Tage später stellte sich dann heraus, dass eine Boulevardzeitung diesen noch nicht ausgereiften Vorschlag veröffentlicht hatte.
Bis dahin waren mir dann auch Zweifel gekommen, ob ein solches Riesenprojekt tatsächlich innerhalb eines Jahres schaffbar ist. Inzwischen gibt es einige Zwischenrufe, die darauf hinweisen, dass bei diesem Projekt offenbar nicht alle Risiken und Folgeerscheinungen in ausreichender Weise bedacht waren. Wird die Industrie einen solchen Boom bewältigen können? Werden die Hausbesitzer mit älteren Heizungsanlagen einen fünf- oder gar sechsstelligen Eurobetrag für dieses Projekt zahlen können? Was ist mit den Rentnern, die auf dem Lande ihren Hausbau als Teil ihrer Alterssicherung geplant haben? Und damit sind längst nicht alle Fragen in diesem Zusammenhang geklärt.
Nein, ich will nicht in eine politische Kolumne hinabsteigen. Ich möchte mein Erstaunen darüber zum Ausdruck bringen, wie nebensächlich oft wichtige Folgen und Risiken von Entscheidungen betrachtet werden. Oft werden sie sogar gar nicht bedacht. Deswegen haben kluge Denker vorgeschlagen, dass bei jedem neuen Gesetz sogenannte „Querschnittsthemen“ zu bedenken sind. So stellt sich bei jedem Bauprojekt etwa immer auch die Frage, ob es barrierefrei ist, ob bei jeder Stelle, die ausgeschrieben wird, auch Frauen besonders berücksichtigt werden oder behinderte Menschen sogar bevorzugt werden sollten, falls rehabilitative Maßnahmen, praktische Hilfen und Assistenzen möglich sind. Das Thema hieße hier Inklusion.
Besonders wichtig finde ich aber auch das Nachdenken über die Erhaltung (oder Wiedererlangung) unserer zwischenmenschlichen Kultur und demokratischen Auseinandersetzung. Was steckt hinter der Gewaltzunahme? Warum ist bei manchen Delikten der Migrantenanteil besonders hoch? Was kann man tun, damit langfristig solche Probleme weniger zerstörerisch für unsere Gesellschaft sind? Auch diese Fragen lassen sich als Querschnittsthemen verstehen, die zu neuen Initiativen führen könnten.
Ich bemühe mich, bei wichtigen Entscheidungen die Folgen und Risiken in den Blick zu nehmen. Ich bemühe mich aber auch schon am Morgen um das Erkennen möglicher Schwierigkeiten und Risiken, die ein Tag bringen kann. Dann gelingt es mir manchmal, mich etwas besser auf schwierige Situationen vorzubereiten und Gefahren und Risiken abzuschätzen. Abstinent lebende abhängige Menschen kennen das Problem. Sie haben gelernt, sich auf die Erfahrungen langjährig drogenfrei lebender Menschen zu verlassen. Solche Menschen haben etwa die Vorstellung, dass die frühe Besinnung am Morgen auf die Notwendigkeit ihrer Abstinenz für die nächsten 24 Stunden – gemeinsam mit der Dankbarkeit für das gesunde Erwachen – eine Hilfe für den ganzen Tag bedeutet. In den 12 Schritten der Anonymen Alkoholiker erweitern sie ihr Bild über sich, ihren Standort in dieser Welt, ihre Möglichkeit, sich von höheren Mächten Hilfe zu holen, demütig zu werden und sich mit anderen Menschen wieder zu versöhnen.
Wer sich so aus der Not in die Querschnittsthemen seines Lebens hineinarbeitet, dem ist zu helfen. Es tut mir gut, mich über die wahrgenommene Realität hinaus mit den dahinterliegenden Themen zu beschäftigen. So haben viele Anonyme Alkoholiker aus ihrer Not ganz besonnen ein erfülltes und reiches Leben gewonnen.
AnDi