AnDi: Gedanken zur Zeit

AnDi und seine Gedanken zur Zeit:

Die Chance des Optimismus und das Medienpäuschen

Ein Mann wird auf offener Straße erschossen, einem Politiker werden die Gesichtsknochen gebrochen, ein anderer Kandidat für die Vertretung Deutschlands in Europa spioniert gegen das eigene Land, 80 Prozent der Menschen sind mit der Regierung unzufrieden, seit 2008 wechselt eine Krise die andere ab. Es tobt ein Krieg in erschreckender Nähe, ein Autokrat sogar mit Atomwaffeneinsatz.

Manchmal denke ich beim Daddeln am Handy oder nach der Tagesschau: Jetzt geht die Welt unter! Wenn ich mich aber mal zwei Tage medienabstinent verhalte, erlebe ich 48 relativ angenehme Stunden. Ich stelle zu meiner Überraschung fest: Es geht mir ganz gut. Ich konzentriere mich auf meine Familie, meine Interessen, genieße das Essen und spüre, ich lebe noch – und zwar gerne! Da tauchen fast – so scheint es – von selbst positive Gedanken und Ideen auf, wenn ich mich so verhalte, wie ich es von mir und anderen erwarte: Finde eine Balance zwischen Verpflichtung und Verantwortung auf der einen Seite, aber auch Selbstfürsorge und Genuss auf der anderen Seite.

Bei meinem heutigen Einkauf habe ich einfach mal einige Mitmenschen angesprochen und festgestellt, wie auch miesepetrig dreinschauende Mitbürger überraschend freundlich reagieren. Selbst mit der Mitarbeiterin an der Kasse hat das funktioniert. Auch das bewusste Einfädeln-Lassen von Autos aus der Seitenstraße in die Schlange hat mir Spaß gemacht. Zu Hause hat meine Frau sogar festgestellt, dass ich beim Einkaufen weniger vergessen habe als sonst.

Natürlich löse ich mit meinem Optimismustraining nicht die vielen gesellschaftlichen und weltpolitischen Probleme, aber ich frage mich, ob das Virus des Optimismus nicht auch ansteckend wirken kann, ob freundliches, positives und soziales Verhalten im Alltag nicht auch Wirkungen auf das gesellschaftliche Leben haben kann.

Die vielen Krisen in der Welt haben nach meiner Beobachtung dazu geführt, dass die Menschen, Gesellschaften und Staaten dazu neigen, Fehlverhalten zu suchen und zu sanktionieren. Sie halten das für ein starkes Gegenmittel, obwohl es oft nur das Feuer von Gewalt und Hass schürt. Langfristig glaube ich eher daran, das soziales und humanes Verhalten von uns Wirkung zeigen kann – auf uns selbst, unsere Mitmenschen und unsere Kinder. Die Verantwortung für eine bessere Welt können wir nicht anderen überlassen.

Wer kann das besser beurteilen als Suchtkranke, deren Abhängigkeit schon immer eine schlechte Prognose hatte!? Und dennoch gibt es zahllose betroffene Menschen, die feststellen durften, dass die (Selbst-)Befreiung vom süchtigen Zwang zu einer bescheidenen Zufriedenheit geführt hat, die längerfristig und nachhaltiger wirkt als ein kurzer Rausch. Diese Zufriedenheit spüren sie nicht nur selbst, sondern auch ihre Umgebung! Ganze Familien profitieren davon!

Auch deshalb übe ich jetzt, meinen Pessimismus über die Zukunft der Welt damit zu behandeln, mich so zu verhalten, dass Optimismus wieder eine Chance hat. Vielleicht lassen Sie sich ja anstecken und besinnen sich Ihrer Werte und Vorstellungen von einem gelingenden Leben. Aber natürlich bewahre ich mir meinen Zorn, z.B. über einen bekannten Journalisten, der den Klimawandel mit dem Argument verleugnet, er habe im letzten Sommer seinen Wintermantel anziehen müssen. Zu meinen Medienpausen gewöhne ich mir auch gerade eine bessere Auswahl dessen an, was ich mir ansehe. Dann sieht man die Tagesschau auch wieder mit anderen Augen.

Das hofft AnDi trotz aller Rückschläge, mit denen man natürlich rechnen muss. Angenehme Medienpausen mit guten eigenen Gedanken!