Tiergestützte Therapie

Tiergestützte Therapie* im Tannenhof e.V.:

Mit Esel Gustav zu mehr Selbstvertrauen …

Es versteckt sich verwunschen mitten im märkischen Wald, hier kommt kein Bus entlang: Man muss wandern von der kleinen Stadt Lindow aus. Etwa 1,5 km. Manchmal schimmert der Wutzsee durch die Bäume. Ziegen meckern. Birken stehen da eher weniger – aber es heißt dennoch „Haus Schönbirken“ und ist eine kleine Rehabilitationseinrichtung vom Tannenhof e.V. Berlin-Brandenburg. Für etwa 30 alkoholkranke Menschen für 12-15 Wochen die therapeutische „Käseglocke“. Viele der PatientInnen kommen hierher, weil sie genau hier sein wollen. In der Natur. Und bei den vielen Tieren der Einrichtung … Die tiergestützte Therapie ist nämlich gerade im Aufbau. Aber was können denn Hund, Schwein oder Hühner im Klinikalltag tatsächlich bewirken? Ein TrokkenPresse-Termin mit Ergotherapeutin Anne-Kathrin Melzer.

Ich bin zu früh. Warte in der kleinen Eingangsdiele des villenartigen Hauses. Wie immer vor einem Termin noch ziemlich angespannt von der ungewissen Bahn-Reise und sehr nervös. Und da kommt sie durch die Tür. Mit ihr ein mittelgroßer dreifarbiger Hund. Ich begrüße zuerst Anne Melzer, na klar, bin aber alsbald mit den Augen beim Hund. Und dann mit dem Herzen. Das merkt er und kommt freundlich auf mich zu, schnuppert und lässt sich gern streicheln. Weshalb er einen kleinen blauen Verband an der Vorderpfote trägt, frage ich. Und siehste, schon … sind wir zwei Menschen im Gespräch! Und plötzlich werde ich auch ruhiger. Komme an. Bin da. Hier – und nicht mehr in meinem Gedankenkarussell im Kopf. Weshalb ich diese erste Begegnung so ausführlich schildere, hat seinen Grund. Darauf kommen wir dann bald zurück …

Anne, welche Tiere gibt es hier?

Außer meinem Therapiebegleithund Kalle noch Esel Gustav, der lebt seit 20 Jahren hier, zwei Ziegen, einen Schafbock, 20 Hühner, Meerschweinchen, Kaninchen und drei Schweine. In der Teichanlage im Innenhof Goldfische und Kois. Kalle und ich haben gemeinsam eine Ausbildung zum Therapiehundeteam hinter uns, er ist also das bisher einzige Therapietier, aber wir sind ja erst im Aufbau …

Was macht Kalle denn, als Therapiehund?

Kalle läuft frei herum und kann nach Belieben herangerufen, gekuschelt und gestreichelt werden.

Er ist dabei nicht aufdringlich, sondern abwartend. Je mehr man ausstrahlt, dass man ihm gutgesonnen ist, desto häufiger sucht er den Kontakt. Aber er bemerkt auch, wenn jemand in Ruhe gelassen werden will, das kann er gut akzeptieren. Das ist das eine …

Zwischenfrage, sein Wesen muss ja zu seinem Job passen?

Ja, er hat ein entspanntes Gemüt, kaum Aggressionspotential, ist so gut wie angstfrei und Menschen und anderen Tieren gegenüber wohlgesonnen. Als Mini-Australian-Shepard, als Hütehund, treibt er normalerweise seine Schafe, er braucht also immer eine Aufgabe. Das passt auch, wir machen hier viel Agility (Hindernisübungen, d. Red.), auch die PatientInnen mit ihm, er kann gut apportieren, geht über Hindernisse, läuft Slalom, dafür haben wir einen kleinen Parcours aufgebaut.

Wie kann Kalle den PatientInnen hier helfen?

Als bunter Hund sozusagen hat er schon mal einen Aufforderungscharakter … Du hast es vorhin selbst gemerkt, du hattest gleich das Bedürfnis, Kontakt aufzunehmen, ihn zu streicheln. Heute hat er zum Beispiel seinen Verband um eine Wunde und jeder hat sofort gefragt, was ist mit Kalle, was hat er gemacht? Du hast ja auch gleich reagiert. Hätte ich selbst ein Pflaster auf dem Arm, wäre da vielleicht nicht sofort jeder drauf eingegangen. Oder wenn ich ohne Kalle in die Einrichtung komme: Frau Melzer, wo ist den Kalle heute? Wenn er alleine um die Ecke kommt, fragt niemand, wo ist denn dein Frauchen heute. Ein Hund hilft, wieder Empathie zu entwickeln. Und Vertrauen. Zuerst zu ihm, später vielleicht auch wieder zu Menschen.

Weshalb ist das mit einem Hund leichter?

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