Warum immer mehr Frauen alkoholabhängig werden

Frau und Alkoholsucht heute, Teil 1:

Weshalb immer mehr Frauen alkoholabhängig werden …

Immer wieder gab es im letzten Jahr solche Schlagzeilen wie: Immer mehr Frauen trinken riskant, immer mehr Frauen werden wegen Alkoholkrankheit behandelt, immer mehr Frauen sterben an alkoholbedingten Folgeerkrankungen. Stimmt das denn? Die TrokkenPresse hat recherchiert, was dahinterstecken könnte.

Zahlenbrei mit Fazit

Erstmal … Verwirrung. Wenn Zahlen sich streiten könnten, dann täten sie das jetzt: Wer ist die wahre? Denn es gibt, verflixt, kaum vergleichbare, gesicherte statistische Auskünfte zu dieser einfachen Frage: Wie viele Frauen waren in Deutschland vor zehn Jahren alkoholabhängig und wie viele sind es jetzt – ist die Zahl tatsächlich gestiegen?

Es findet sich nur ein Sammelsurium aus ungleichen Berechnungsarten von verschiedensten Institutionen. Aus Befragungen mit Eigenauskunft, aus statistischen Erhebungen in der Bevölkerung, von Ärzten, Krankenkassen und Rentenversicherern.

Für 2012 zum Beispiel erklärt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung 1,4 Prozent der Frauen zwischen 18-64 Jahren als alkoholabhängig (Männer 3,4 Prozent). Für 2023 dagegen sind von den Krankenkassen fast 420 000 Frauen wegen Alkoholkrankheit in Behandlung gewesen. Wie wollen wir das nun vergleichen?

Aber in diesem Falle konnte „Wunderwaffe“ KI helfen. Aus vielen verschiedenen Statistiken im Hintergrund berechnete sie in Windeseile: Im Jahre 2012 waren geschätzt 200 000 Frauen mit Alkoholkrankheit in Behandlung. Also wahrlich mehr als eine Verdoppelung!

Aber solche Daten werden doch immer nur grobe Schätzungen bleiben. Zu viele Dinge bleiben unberücksichtigt. Denn diese Zahl der Frauen, die in einer Suchtberatungsstelle Rat suchten, eine Entgiftung und Therapie besuchten und so in der Statistik auftauchen können: Sind das wirklich ALLE alkoholabhängigen Frauen? Viel eher sind es doch viel mehr, die eben nicht den Weg ins Hilfesystem nehmen.

Hinzu kommen zum Beispiel auch veränderte Definitionen der Alkoholabhängigkeit, die ebenfalls noch kaum eine Rolle in den Erhebungen spielten oder spielen: Im amerikanischen Kategoriensystem von Krankheiten gibt es lediglich nur noch den Begriff Alkoholkonsumstörung, der Missbrauch und Abhängigkeit in verschiedenen Schweregraden einschließt. In der aktuellen internationalen Klassifikation von Krankheiten (ICD 10) dagegen kann man nun auch ohne die „klassischen“ Symptome wie Entzugserscheinungen bereits als alkoholabhängig gelten.

Auch beim riskanten Alkoholgebrauch, dem „Missbrauch“, gibt es Entwicklungen in den Bewertungskriterien. Daher beruht die Schätzung, dass 2012 etwa 6,5 Prozent der deutschen Frauen zwischen 18 und 64 Jahren riskant tranken und 2021 bereits etwa 14 Prozent, also doppelt so viele, auch auf etwas wackligen Füßen. Denn damals lag der Maßstab für weitgehend unbedenklichen Genuss von Alkohol bei 12 Gramm Reinalkohol für Frauen (Männer 24 g). Das entsprach etwa einem Glas Wein. Das wandelte sich mit der Zeit in 10 g. Und inzwischen mahnen zum Beispiel die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS), das Deutsche Krebsforschungsinstitut und andere an, dass es gar keinen unbedenklichen Konsum von Alkohol gibt. Grundlage dafür sind Studien, die einen linearen Zusammenhang z.B. zwischen Krebs und Alkoholkonsum beweisen. Was ist also mit riskantem Alkoholverhalten gemeint, einmal im Monat einen Rausch zu haben oder dreimal die Woche mehr als ein Glas Wein zu trinken oder jeden Tag ein großes? Das ist alles ein bisschen verschwommen.

Aber eines können wir wohl hier sicher zusammenfassend festhalten: Es sind doppelt so viele Frauen wegen einer Alkoholkonsumstörung in Beratung und Behandlung als vor zehn Jahren. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass mindestens auch doppelt so viele Frauen aus riskantem Alkoholkonsum in die Abhängigkeit gerutscht sein müssten.

Und das leider sehr viel schneller als Männer …

Rascher abhängig, schneller krank

Bei einer gleichen Trinkmenge wird eine Frau schneller und stärker betrunken als ein Mann. Das liegt zum Beispiel an den physiologischen Unterschieden: Der Körper einer Frau besteht nur zu etwa 60 Prozent aus Wasser (Mann: 70 Prozent), dafür aus ein paar Fettzellen mehr. Alkohol wird also weniger „verdünnt“ im Blut. Auch hormonelle Veränderungen wie Menstruation können die Wirkung verstärken. Zudem ist die weibliche Leber etwas kleiner, produziert also auch weniger Enzyme, die den Alkohol abbauen können. Ganz einfach gesagt: Die Gifte verweilen länger im weiblichen Körper, zum Beispiel auch das krebserregende Acetaldehyd der ersten Abbaustufe. Frauen leiden deshalb, wie wissenschaftliche Studien belegen, in weniger Alkoholkonsumjahren als Männer viel früher an alkoholbedingten Folgen wie Leber-Erkrankungen, Herz-Kreislaufproblemen und Krebs – und häufiger auch an psychischen Folgeschäden. Und eine aktuelle Querschnittsstudie aus den USA belegt, dass dort die Zahl der alkoholbedingten Todesfälle bei Frauen deutlich stärker ansteigt als bei Männern.

Trinken Frauen anders?

Hier erstmal ein kurzes, einfaches JA …

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