The Offline-Hotel:
Sober-Urlaub für trockene Alkoholiker
Der tägliche Wein, am Ende bis zu drei Flaschen, gehörte 27 Jahre lang zu ihrem Leben, bis es längst keins mehr war. Seit fünf Jahren nun ist sie trocken. Titilayo Bornmann, einst Hamburgerin, ist nun, seit ihrem Neuanfang, in einem kleinen Dorf in Portugal zuhause – und verwirklicht dort ihre Idee: Menschen, ob suchtkrank oder nicht, finden hier ihre garantiert alkoholfreie Erholung.
Was ist The Offline Hotel genau?
Kein Hotel, sondern eine Agentur, ich arbeite mit kleinen Häusern und Hotels in Portugal zusammen.
Was bietest du an?
Wenn du sagst: Titilayo, ich möchte mit zehn, zwölf Gästen kommen und wünsche mir dies und das und mein Budget ist …, bin ich deine Partnerin an deiner Seite, dann stricke ich was Schönes daraus. Manche möchten gerne wandern, wir machen auch Standup-Paddling oder Fahrradtouren, Yoga und Massagen. Ich habe kein starres Konzept, sondern baue es je nach Bedürfnissen. Wenn du gar keine Lust auf Yoga hast, dann machst du keins, dann gehen wir wandern oder picknicken am Wasserfall, du musst aber auch gar nix, kannst nur daliegen und einfach ein Buch lesen. Parallel dazu biete ich Sober Retreats an. Für Menschen, die in einem geschützten Rahmen ohne Alkohol Urlaub machen möchten, denn das ist ja nach wie vor schwierig.
Wie sorgst du denn dafür, dass alles alkoholfrei bleibt?
Ich werde immer Häuser buchen, bei denen ich dafür sorgen kann, dass jede einzelne Flasche Alkohol aus dem Hotel verschwindet, es darf nichts vor Ort sein. Das ist mein Versprechen an meine Gäste.
Wie bist du auf diese Idee gekommen?
Ich war damals auf meinem Peak mit der Trinkerei, meinem Konsum. Hatte meinen Job verloren, mir ging es psychisch und physisch so schlecht wie noch nie in meinem Leben und ich wusste, hopp oder top, leben oder sterben, es gibt jetzt nichts mehr dazwischen. Da bekam ich die Möglichkeit, drei Monate auf das Haus einer Freundin meiner Mutter in Portugal aufzupassen. Ich hatte zwar Angst vorm Alleinsein, Angst vor Spinnen, vor Dunkelheit, aber habe mich darauf eingelassen, hatte sehr viel Zeit zum Nachdenken und habe meine gesamte Suchtgeschichte aufgeschrieben. Für mich ist es der Ort, an dem ich Heilung gefunden habe. Und da ist mir auch der Gedanke gekommen: Wo machen denn Menschen wie ich, die nicht mehr trinken wollen, Urlaub? Ich habe recherchiert und nicht wirklich viel gefunden, auf jeden Fall nicht in Deutschland oder Europa.
Bleiben wir erstmal bei deiner Abhängigkeit. Am Ende hast Du drei Flaschen Wein am Tag gebraucht. Ist dir bewusst, warum?
Als alleinerziehende Mutter mit großen Geldsorgen und anstrengendem Job habe ich diese Sorgen, den Druck, die Ängste versucht zu betäuben. Tagsüber habe ich halt funktioniert wie die meisten, das betrifft ja auch viele Muttis. Das geht jetzt nicht gegen die Männer, aber was wir alles leisten müssen gleichzeitig und so selbstverständlich, ist schon krass. Und dann kommt der Moment, da ist das Kind im Bett … dieses Durchatmen. Jetzt gönne ich mir was, aber es hatte ja mit gönnen nichts mehr zu tun, ich war ja schon ganz, ganz lange abhängig.
Das Entspannungsgefühl kam dann wohl eher durch das Lindern der Entzugserscheinungen?
Genau. Auf den Punkt gebracht.
Psychisch und physisch am Ende, was meinst du damit?
Burn out, Panikattacken, Depression – und ich war mehrfach mit Organversagen in der Notaufnahme. Es fing damit an, dass ich Blasenkrämpfe bekam. Ich konnte nicht mehr pinkeln. Akuter Harnverhalt, Blasenversagen.
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