Neukölln ist überall?
Wenn sich ein Bürgermeister für das Zusammenleben der Menschen in seinem Bezirk interessiert, dann ist es Buschkowsky. Es geht ihm nicht um Selbstdarstellung, nicht um Geld, nicht um Wahlpropaganda, sondern schlicht um die wohlverstandenen Interessen der Bürger, speziell aber um die Zukunft der Kinder. Deswegen fragten wir ihn was zu tun ist, um die riesigen Probleme durch Einwanderung in Neukölln, beziehungsweise in ganz Deutschland zu lösen.
Sie beschäftigen sich in Ihrem Buch mit den Problemen, die sich aus der Entstehung von Parallelgesellschaften ergeben. Spaltungen der Gesellschaft gab es in Neukölln aber schon lange, nur zwischen anderen Gruppierungen. Bereits in den 70er-Jahren wohnten dort z.B. Studenten, die seinerzeit meist sehr ungern von Einheimischen gesehen wurden. Halten Sie es für möglich, dass sich die heutigen Spaltungen ebenfalls irgendwann von selber auflösen?
Mir ist eine solche Spaltung Neuköllns in den 1970er-Jahren nicht aufgefallen. Diese Aussage überrascht mich. Dass die Bevölkerungsveränderungen in Neukölln noch nicht ihr Ende gefunden haben, muss eigentlich jedem klar sein. Wir haben heute einen Anteil von Einwanderern und ihren Nachkommen berechnet auf ganz Neukölln von 41%. In der Innenstadt ist die Hälfte bereits gut überschritten. In unseren Grundschulen im Norden stellen die Einwandererkinder 85 – 95%. Das heißt, die Bürger von morgen sind heute schon da. Hieraus folgt, dass zumindest Nord-Neukölln in zehn Jahren eine Einwandererstadt sein wird. Weitere Veränderungen, Werteverschiebungen und unterschiedliche Lebenswelten werden zwangsläufig das Ergebnis sein. Kinder von heute sind die Erwachsenen von morgen. Das hat nichts mit Politik zu tun. Das ist schlicht und ergreifend Biologie.
Sie reden von Einwanderern. Reden Sie da nur von Einwanderern oder auch von Deutschen mit Migrationshintergrund?
Wo sehen Sie da den Unterschied? Ich habe mich letztendlich für den Begriff Einwanderer entschieden, weil er der umfassendste und eigentlich der klarste ist. Es sind Menschen, die von außen kommend zur bestehenden Gesellschaft hinzustoßen. Egal, ob als Spätaussiedler, Nachkomme der ehemaligen Gastarbeiter oder als Asylbewerber. Sie können sie auch Menschen mit Migrationshintergrund, Migranten oder Zuwanderer nennen. Ich sage Einwanderer, weil es eine Einwanderung ist, aus welchen Gründen auch immer. Zum Beispiel wie wir sie gerade aus Bulgarien und Rumänien erleben. Es gibt Politiker, die behaupten, trotz 16 Millionen Einwanderer, das sind 20 Prozent der Gesamtbevölkerung, Deutschland sei kein Einwanderungsland. Das ist faktischer Quatsch an der Grenze zur Volksverdummung.
Sie fassen unter den Begriff „Einwanderer“, wie Sie es nennen, auch Menschen mit türkischen Wurzeln, wo die Eltern oder Großeltern …
Ich spreche von Einwanderern und ihren Nachkommen.
Wir haben hier jetzt noch eine Frage – Zitat aus einem Buch des TrokkenPresse-Verlags von Christian Becks: Mach uf ick bring dir um: „Ich renovierte eine Wohnung – Neukölln, Schillerpromenade 30, Hinterhaus Parterre rechts, Nordseite, Ofenheizung. Ich hatte seltenerweise gute Laune. In den Nachrichten wurde berichtet, dass Franz Josef Strauß (1988, Anm. Redaktion) von uns gegangen ist. Ansonsten war das Renovieren frustrierend. Die Wohnung war zuvor von Mietern bewohnt worden, die man in Neukölln öfter traf: Miete hatten sie schon jahrelang nicht mehr gezahlt. Strom und Wasser hatte der Vermieter übernommen…“ – Was hat sich inzwischen seit 1988 geändert?
Wir haben in Neukölln ein Drittel der Bevölkerung, das in irgendeiner Weise von staatlichen Transfermitteln lebt. Warum auch immer. Ob das die alleinigen Einkünfte sind, sei bis zum Beweis des Gegenteils dahin gestellt. Lehrer und Erzieher sagen mir allerdings, dass der Lebensstandard der Familien oder auch die Unterhaltungselektronik, die die Kinder mit sich herumschleppen, eigentlich nicht zum offiziellen Einkommen passt. Ich kann nur mit der amtlichen Statistik arbeiten und danach haben wir die höchste Dichte an Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften auf 1.000 Einwohner in der Bundesrepublik Deutschland. Als makaberen Scherz sage ich manchmal, „bei uns fallen Sie mitunter schon dadurch auf, dass Sie ihre Miete selber bezahlen“. Neukölln ist nun mal nicht der Stadtteil der Schönen und Reichen. Das war er nie und das wird er auch nie werden. Da, wo die „feiner Leut’“ wohnen, ist’s doch so langweilig, dass ich da nicht tot über dem Zaun hängen möchte. Neukölln ist ein altes Arbeiterquartier. Hier wohnten die Leute früher in dunklen Hinterhöfen, eine Toilette für alle unten auf dem Hof. Wer es schon zu etwas gebracht hatte und nach vorne ziehen konnte, hatte die Toilette eine halbe Treppe tiefer. Das ist heute Geschichte. Aber natürlich leben hier viele, viele Menschen, die vom Schicksal gebeutelt sind. Ja, und es gibt auch Parallelgesellschaften. Menschen gleicher Volksgruppen, die am liebsten unter sich bleiben und bleiben wollen und die ihre eigenen Lebensregeln, ein eigenes Wertegerüst haben. Die deutsche Gesellschaft ist ihnen ziemlich gleichgültig.
Drückt sich das auch in der Immobilienbesitzer-Struktur aus, also sprich, kaufen Einwanderer und ihre Nachkommen hier vermehrt Mietshäuser oder ist das weiterhin in deutscher Hand? Migranten investieren ja auch in Neuköllner Immobilien.
Ja, selbstverständlich. Ich kann Ihnen das nicht auf das einzelne Haus herunterbrechen, aber die Immobilienpreise in Neukölln sind beachtlich in die Höhe geschnellt. Nach dem Mauerfall lagen die Preise etwa beim 14 – 15-fachen der Jahresrohmiete. Zwischendurch ging’s bergab bis auf das 6-fache. Im Moment wird das 18- bis 20-fache aufgerufen. Für Immobilien in Neukölln werden teilweise Wahnsinnssummen gezahlt. Natürlich liegt das auch daran, dass wir einen Anteil illegaler Bevölkerung haben, die man mit Tagesmieten – pro Kopf und Nacht 10 Euro – abzocken kann. Der Begriff „Geldwäsche“ liegt da nicht so fern. Das gilt auch für Geschäfte, die Tag und Nacht geöffnet sind, in denen man aber nie Kundschaft sieht. Irgendwie muss das Geld ja in den Wirtschaftskreislauf, das im Mädchen- und Drogenhandel oder illegalem Glücksspiel gemacht wird.
Sie beschreiben in Ihrem Buch, wie andere Städte mit gleichen Problemen bessere Lösungen gefunden haben als Berlin. So gibt es beispielsweise in London eine enge Zusammenarbeit zwischen Schulen, Jugendämtern und Polizei. Während hier eine Behörde von der anderen getrennt arbeitet und auch deren Daten weitgehend nicht kennt, ist dort jeder staatlichen Schule ein Polizeibeamter zugeordnet, der alle Schuldaten kennt, die Schule regelmäßig besucht und auch Hausbesuche durchführt. Ist eine solche Verbesserung der Kooperation auch in Berlin denkbar? Falls ja, wer könnte sie durchsetzen?
In den Niederlanden, England, aber auch in anderen Ländern habe ich die Praxis und die damit verbundenen Erfolge kennengelernt, wenn die öffentlichen Stellen tatsächlich vernetzt, also Hand in Hand arbeiten. Die „Versäulung“, wie man das bei uns nennt, dass möglichst eine Behörde nicht wissen darf, was eine andere tut und sie sich auch gerne gegeneinander abschotten, ist der Nährboden für Fehlentwicklungen. Das fängt bei einer anderen Definition des Datenschutzes an. In meinem Buch drucke ich einen Vertrag über den Umgang mit Sozialdaten ab, wie er zum Beispiel in den Niederlanden üblich ist. Das ist doch keine Bananenrepublik. Datenschutz kennen sie da auch. Der Grundsatz allerdings lautet: Zuerst kommt das Wohl des Gemeinwesens und dann der Schutz der Schwachen. Die individuellen Bürgerrechte sind dort nachrangig, denn sie können dort nie über dem Kollektivrecht der Gemeinschaft stehen.
Bei uns ist das anders. Wir diskutieren leidenschaftlich, ob man die Videobänder aus U-Bahnhöfen 24 oder 48 Stunden aufheben darf. Wenn es für die Nachwelt von Bedeutung ist, können Sie das Band, was mich beim Fahrscheinkaufen zeigt, gern 100 Jahre archivieren. Für eine Neubewertung müssten unsere Abgeordneten die Initiative ergreifen. Ein Schweizer Wissenschaftler verwendet übrigens die Bezeichnung „asozialer Individualismus“. Er bedeutet, ich sehe nur noch mich und meine Interessen. Sie sind das Maß der Dinge. Der Sozialraum ist nur noch dazu da, für mich zu sorgen. Diese Vollkaskomentalität ist mir nicht ganz unbekannt. Die Gesellschaft ist dafür verantwortlich, dass es mir gut geht. Sie trägt daran Schuld, wenn es mir schlecht geht. Wenn meine Kinder nicht lesen und schreiben lernen, ist die Schule schuld. Wenn ich keine Arbeit habe, ist dafür das Jobcenter verantwortlich. Es gibt für jede Lebenslage einen Schuldigen. Das ist ein verhängnisvoller Trend. Er verliert völlig aus dem Auge, dass jeder Mensch erst einmal selbst für sein Leben verantwortlich ist. Das Abschieben auf andere mag bequem sein, lähmt aber Ehrgeiz und den Selbstbehauptungswillen. Andere Länder fordern die Eigeninitiative heraus, verlangen den Einsatz der Kompetenzen, über die jeder Mensch verfügt. Auch, wenn sie manchmal erst geweckt werden müssen. Mir scheint dieses System erfolgreicher.
Sie sehen jetzt innerhalb des deutschen oder des Berliner Datenschutzes Ihre Möglichkeiten ausgereizt? Also, innerhalb dieser Gesellschaftsordnung sehen Sie, dass Sie das Optimale gemacht haben?
Ich könnte Ihnen über Beispiele berichten, da würden Sie die Hände über dem Kopf zusammen schlagen. Ich bin gegen den gläsernen Menschen und durchaus ein Anhänger von Datenschutz. Aber für mein Empfinden ist er bei uns pervertiert.
Wie sollte man in den Schulen mit Kindern schwieriger Eltern umgehen? Damit sind Migrantenkinder gemeint (Migranten, die sich nicht „eingemeinden“ lassen wollen), aber auch Kinder z.B. von alkoholabhängigen Eltern. Welche Hilfen fehlen noch?
Es gibt im Regelfall keine lernunwilligen Kinder. Kinder lernen gerne. Erst wenn sie den Anschluss in der Klasse verloren haben, verlieren sie die Lust am Lernen und versuchen mit Rollen wie dem Klassenclown oder dem stärksten Prügler wettzumachen, dass die anderen besser rechnen oder lesen können. Eine ganz andere Frage ist, wie man mit den Defiziten der Elternhäuser umgeht, die die Kinder im Rucksack des Lebens mit sich herumschleppen. Aus meiner Sicht lohnt es nicht, sich an den Eltern abzuarbeiten und ihnen zu erklären, dass das, was der Großvater ihnen beigebracht hat, alles falsch war. Es funktioniert ebenso wenig, dem alkoholkranken Menschen die fünfte Langzeittherapie aufzuschwatzen, wenn er noch nicht so weit ist, zu begreifen, dass er gerade das Wertvollste, was er besitzt, vernichtet: Sein Leben und das seiner Familie. Da verkämpft man sich. Wo keine Einsicht ist, hat es auch keinen Zweck, an Menschen „herumzudoktern“. Worin liegt der Sinn, Süchtige zu substituieren, die auf das Methadon noch irgendetwas anderes raufschmeißen, damit es richtig „zeckt“? Es mag sein, dass man damit den Absatz im Drogenhandel schmälert, aber ob es den Menschen hilft, da setze ich ein Fragezeichen.
Doch zurück zu den Kindern. Wir müssen ihnen vielmehr eine Alternative zu ihrem jetzigen Leben zeigen. Wir müssen ihnen den Gedanken nahebringen, den sie aber selbst bis zu Ende denken müssen: Meine Kinder sollen es einmal besser haben als ich. Das kann aber nur gelingen, wenn wir ihnen Werte vermitteln, die sie verstehen lassen, was sich zu Hause abspielt, und dass Verwahrlosung, Sucht und Gewalt menschenunwürdig sind. Wenn die letzte verbliebene Triebfeder sich nur noch darum dreht, wo ich die nächste Dosis herkriege, egal wie die Droge heißt. Aber auch, dass eine tolerante, demokratische Gesellschaft nicht vereinbar ist mit dogmatischen, religiösen Riten, die 1.500 Jahre alt sind. Darauf müssen die Kinder aber selbst kommen. Wir könne sie nur begleiten und behutsam lenken
Sie kommen immer wieder darauf zurück, dass eine verlässliche, konsequente Haltung wichtig sei, mit anderen Worten: Verbindliche „Spielregeln.“ In der Suchtkrankenhilfe gibt den Begriff der „Co-Abhängigkeit“. Das bedeutet unter anderem, dass Angehörige sich zwar die größte Mühe geben auf den Alkoholkranken Einfluss zu nehmen, ohne aber die entscheidenden Schritte zu tun. Beispielsweise kündigen sie bestimmte Handlungen an, ohne diese dann umzusetzen. Damit nehmen sie unwissentlich Anteil an der Fortdauer der Erkrankung. Daraus lernen die Betroffenen nur, dass sie die Worte von Ehefrau/Ehemann nicht ernst nehmen müssen. Es ändert sich nichts, auch weil die Konsequenz fehlt. Erkennen Sie in der „Co-Abhängigkeit“ eine Ähnlichkeit zu den bislang praktizierten Verhaltensweisen gegenüber Parallelgesellschaften?
Ich finde den Vergleich arg konstruiert. Es geht eigentlich um eine simple Frage: Ist Laissez-Faire eine brauchbare Therapie, egal bei welcher Diagnose? Die Antwort lautet natürlich: Nein! Zuschauen, treiben lassen, Inkonsequenz, abtauchen, schönreden und welche Begriffe uns noch so einfallen, sie lösen nie ein Problem. Weder zu Hause, noch in der Gesellschaft. Unabhängig davon, ob der Vergleich hinkt oder nicht, trete ich dafür ein, dass eine Gesellschaft ihre Entwicklung steuern muss. Sie darf sie nicht in Form einer beobachtenden Gesellschaft einfach geschehen lassen. Sie muss dort, wo Dinge aus dem Ruder laufen, als intervenierende Gesellschaft Rahmenbedingungen vorgeben und geltende Normen des Zusammenlebens durchsetzen. Ein zahnloser Tiger taugt nun einmal nur zum Bettvorleger. Die Gesellschaft muss regelkonformes Verhalten stimulieren. Zur Not mit Sanktionen. Wer bei rotem Ampellicht nicht stehenbleibt, bezahlt 150 Euro und kassiert drei Punkte.
In der Suchtkrankenhilfe spielen die Abstinenzverbände eine besonders große Rolle, weil diese nicht nur für einen begrenzten Therapiezeitraum präsent sind, sondern „lebenslänglich“ und natürlich auch, weil sie nichts kosten. Neukölln hat den Guttemplern ein ganz besonderes Gebäude überlassen, nämlich das ehemalige Wasserwerk in der Wildenbruchstr. 80. Dort leisten die ehrenamtlichen Suchtkrankenhelfer vorzügliche Arbeit. Trifft es zu, dass die Miete von jetzt 261 Euro im Jahr 2020 auf 4800 Euro aufgestockt werden soll? Falls ja, würden Sie sich für die Beibehaltung der alten Bedingungen einsetzen?
Seit 1995 beträgt die symbolische Miete 1 DM bzw. 0,51 Cent zuzüglich Betriebskosten. Dieser laufende Vertrag gilt noch bis 2020. Soweit mir bekannt, gibt es einen Nachtrag, der bereits im Jahre 2010 einvernehmlich zwischen den Guttemplern und der Stadt und Land abgeschlossen wurde. Den Inhalt kenne ich nicht. Ich werde mich aber nicht in Verträge einmischen, die andere im Frieden miteinander vereinbart haben.
Sie haben sich in hohem Maße als Bürgermeister engagiert. Ein grüner Bürgermeister soll gesagt haben, dass man in dieser Position, als Beamter eine 80-Stunden-Woche habe. Wie wird Ihr Alltag aussehen, wenn Sie in Pension sind?
Mein Ruhestand ist noch etwas hin. Ich kann aber definitiv ausschließen, dass ich einen Verein zum Züchten von Rosen gründen werde und ich werde auch in keinen Angelverein eintreten. Ich warte in Demut ab, welche Rolle das Schicksal mir für den Rest meines Lebens zuweist.
Was ist für Sie in diesem vielfach gewandelten, verwandelten Bezirk noch Heimat? Gibt es bestimmte Situationen oder bestimmte Orte bzw. Menschen, die ein „Heimatgefühl“ auslösen?
Ob mein Heimatgefühl an Menschen gekoppelt ist, habe ich bisher nicht deutlich gespürt. Neukölln, insbesondere der Teil draußen in Rudow, wo ich als Kind und Jugendlicher gelebt und von wo aus ich die Welt entdeckt habe, das ist schon meine Heimat. Der Reuterplatz schon weniger. Hier war ich nicht zu Hause, wir „Dörfler“ sind ins Pigalle gefahren, wenn wir was erleben wollten. Es war also ein Reiseziel. Je ferner man ist, desto größer wird der Fokus. Bin ich auf Usedom, denke ich an meinen heutigen Wohnsitz in Buckow, bin ich in Oslo, denke ich an Berlin. Dann ist Berlin meine Heimat. Die Stadt, in der ich immer gelebt habe.
Warum setzen Sie sich für die Integration der höchst unterschiedlichen Bevölkerungsteile in Neukölln so intensiv ein? Welche Wurzeln hat Ihr Engagement? Hat das etwas mit Glauben zu tun oder welchen anderen Grund gibt es für Ihre Haltung?
Mit einem religiösen Glauben hat das nichts zu tun. Religionsfreiheit bedeutet, auch frei von Religion leben zu können und zu dürfen. Ich engagiere mich, weil ich möchte, dass Neukölln auch mit einer mehrheitlich von Einwanderern geprägten Bevölkerung in der Zukunft nicht nur im Atlas in der Mitte Europas liegt, sondern auch in den Köpfen und in den Herzen der Menschen. Viele Menschen, die hier leben, haben mit ihren Nachbarn keine gemeinsame Vergangenheit. Aber sie müssen eine gemeinsame Zukunft haben. Ich möchte gerne, dass alle Kinder, die in diesem Bezirk geboren werden, die gleichen Chancen auf ein emanzipiertes, eigenständiges Leben haben, dass ihnen die gleichen Chancen eröffnet werden, wie ich sie hatte. Daran arbeite ich mich ab. Ich arbeite für die Zukunft der Kinder und gegen die Eltern, die die größte Gefahr für ihre Zukunft sind.
Woher kommt das Engagement?
Thilo Sarrazin würde sagen: „Vielleicht ist es genetisch“ (Lachen). Woher es kommt, weiß ich nicht. Keine Ahnung. Auch mein Vater hat niemals in Lambarene gearbeitet. Vielleicht ist es meine innere Grundhaltung, die irgendwann mal dazu geführt hat, dass ich Mitglied der SPD geworden bin.
Sehr geehrter Herr Buschkowsky, die TrokkenPresse dankt Ihnen für das Gespräch